Wie kann eine Medien Designerin ortsunabhängig arbeiten? Interview EROAD

Christine Brunner erzählt im Interview bei GetRemote über ihre komplett ortsunabhängige Festanstellung als Mediendesignerin beim Tech-Start-Up EROAD in Neuseeland.

Christine Brunner gibt im Interview mit GetRemote einen Einblick, wie der Arbeitsalltag einer deutschen, ortsunabhängigen Mediendesignerin bei EROAD in Neuseeland aussieht.

 

Christine Brunner im Interview

  • Unternehmen: EROAD 
  • Mitarbeiter: > 100
  • Interviewpartnerin: Christine Brunner, Media Designer
  • Arbeitsmodell: Full remote – komplett ortsunabhängig

EROAD ist ein Tech-Start-Up, das GPS Geräte zur Berechnung von LKW und PKW Maut entwickelt und baut. Mit Hilfe der hauseigenen browserbasierten Software können unsere Kunden ihre gesamte Fahrzeugflotte verwalten, warten, überwachen und managen. EROAD ist in Neuseeland, Australien und den USA tätig. Es gibt ein Büro in Neuseeland und ein weiteres in Portland, Oregon. Mitarbeiter aus beiden Büros arbeiten in länderübergreifenden Teams zusammen.

Christine, seit wann arbeitest du in einer ortsunabhängigen Festanstellung in Neuseeland?

Ich arbeite schon seit 2013 als In-House Video Producer und Mediendesigner für EROAD in Auckland, Neuseeland. Zunächst arbeitete ich ganz normal im Büro in Auckland. 2015 wurde ich dann schwanger und mein Mann und ich beschlossen ins 500km entfernte Gisborne zu ziehen (u.a. wegen der hohen Lebenshaltungskosten in Auckland).

Daraufhin bat ich meinen Chef zum Gespräch und wollte meinen Job bei EROAD quasi kündigen. Vollkommen überraschend schlug mein Chef vor, dass ich zukünftig von Gisborne aus dem Home Office für EROAD arbeiten könnte. Mit so einem Angebot hätte ich nie gerechnet und sagte natürlich zu! Seit 3 Jahren arbeite ich jetzt von Gisborne aus dem Home Office.

Wie weit verbreitet ist die ortsunabhängige Festanstellung in Neuseeland?

Das kann ich nur sehr schwer einschätzen, aber ich glaube, dass das gar nicht so selten ist wie man denkt. In Neuseeland sind die meisten Firmen eher klein und oft herrscht ein familiäres Klima in der Firma. In vielen Branchen ist der Fachkräftemangel spürbar und Arbeitgeber kommen ihren Angestellten deshalb gern entgegen. Aber ich denke, die meisten Angestellten können eher flexible Arbeitszeiten verhandeln (z.B. Mütter). Dass jemand vollkommen ortsunabhängig arbeitet ist wahrscheinlich doch eher selten.

Wie sieht eine typische Arbeitswoche bei dir aus?

Ich habe 2 kleine Kinder und arbeite deshalb nur 24 Stunden pro Woche: Montag bis Mittwoch. Meine Arbeitszeit kann ich theoretisch flexibel gestalten, aber für mich macht es Sinn zu den normalen Bürozeiten zu arbeiten. So kann ich bei Fragen meine Kollegen jederzeit erreichen und umgekehrt.

Wenn mir etwas dazwischen kommt, schiebe ich meine Stunden auch mal: Zum Beispiel nehme ich mir einen Nachmittag frei und hole die Stunden dann an einem anderen Tag nach. Auf der anderen Seite kommt es auch vor, dass ich mal 40 Stunden in einer Woche arbeite, wenn ein Projekt fertig werden muss. Die Überstunden kann ich dann später abfeiern, wenn mal nicht so viel zu tun ist.

Wie sieht euer flexibles Arbeitsmodell aus und wozu nutzt du die gewonnene Flexibilität?

Mein Arbeitgeber lässt mir relativ freie Hand bei der Einteilung meiner Arbeitszeit. Wichtig ist, dass ich mich mit meinen Kollegen abstimme und dass meine Projekte rechtzeitig fertig werden. Als Mutter von zwei kleinen Kindern ist diese Flexibilität für mich natürlich total super! Passiert etwas Unvorhergesehenes, ist niemand böse, wenn ich mal 2 Stunden mit den Kindern beschäftigt bin. So kann ich Arbeit und Familie prima unter einen Hut bringen. Das macht den Job so attraktiv für mich!

Welche Tools nutzt ihr?

Meine Firma arbeitet mit agilem Projektmanagement. Jeden Morgen habe ich ein virtuelles Stand-Up Meeting mit meiner Abteilung, in dem alle tagesaktuellen Aufgaben besprochen werden. Meetings werden mit Skype-Business und Microsoft Outlook geplant und so kann ich mich jederzeit in ein Meeting reinschalten. Skype-Business ist für mich sehr wichtig, denn so kann ich alle meine Kollegen in der Firma direkt erreichen und sehe auch ob sie gerade am Platz sind oder ob sie in einem Meeting stecken.

Außerdem organisieren wir alle Aufgaben in der Abteilung mit dem Projektmanagement-Tool Asana. Ansonsten läuft noch viel über Emails. Einmal pro Monat gibt es bei EROAD ein sogenanntes Company Update. Da kommen alle Mitarbeiter zusammen und die Abteilungsleiter berichten über Fortschritte, Probleme und alles was in der Firma geplant ist. Über Gotowebinar kann ich auch an diesen Company Updates von Gisborne aus teilnehmen.

Wie haltet ihr den sozialen Aspekt der Zusammenarbeit aufrecht?

Dadurch, dass ich 2 Jahre im Büro mit meinen Kollegen zusammen gearbeitet habe, kenne ich sie alle sehr gut. Es ist mir aber auch gelungen mit Kollegen, die ich nie persönlich getroffen habe, über Skype eine herzliche Beziehung aufzubauen. Ich gebe mir sehr viel Mühe mit der Kommunikation, denn ich finde, das ist das Wichtigste beim remote Arbeiten!

Zwei bis dreimal pro Jahr fahre ich nach Auckland und arbeite 1 oder 2 Tage im Büro meiner Firma. Das muss ich nicht, aber ich finde es wichtig, dass man sich ab und an mal persönlich sieht und auch mal zusammen Mittagessen geht.

Hat sich an deinem Verhältnis zur Arbeit und zu deinem Arbeitgeber etwas verändert?

Ja, ich denke schon. Ich genieße sehr viele Freiheiten und bemühe mich deshalb gute Arbeit zu leisten. Wenn mich ein Kollege mal nicht sofort erreichen kann, fühle ich mich immer ein wenig schlecht. Weil ich nicht den Eindruck erwecken möchte, dass ich zuhause nur faul rumsitze, arbeite ich wahrscheinlich noch gewissenhafter als früher im Büro. Natürlich vermischt sich Privatleben und Arbeit manchmal, aber ich bin sehr dankbar und genieße, dass mein Job so flexibel ist.

Welchen Tip hast Du für Leute mit dem Wunsch nach einer ortsunabhängigen Festanstellung?

Ich hätte nie gedacht, dass mein Arbeitgeber offen für ein ortsunabhängiges Arbeitsverhältnis ist. Wäre ich nicht umgezogen und hätte versucht zu kündigen, würde ich vermutlich immer noch im Büro in Auckland sitzen. Fragen kostet nichts! Ich würde den Leuten raten, den Arbeitgeber einfach mal zu fragen, ob er offen für solche Ideen ist.

Welchen Rat kannst du Unternehmen mit auf den Weg geben, die überlegen, ihr Team ortsunabhängig(er) aufzustellen?

Ein ortsunabhängiges Team kann mit der heutigen Technik super funktionieren, aber die Kommunikation ist extrem wichtig! Mir helfen die täglichen Stand-Up Meetings sehr, denn so bekomme ich alles mit und Probleme werden gleich angesprochen und zusammen gelöst. In meinen Augen macht es überhaupt keinen Sinn zu versuchen, jeden Schritt eines ortsunabhängigen Mitarbeiters zu kontrollieren und zu überwachen.

Wer das Gefühl hat, Verantwortung zu tragen und den Job gerne macht, wird er auch so gute Arbeit leisten. Ich bin überzeugt, dass ich jetzt zuhause netto mehr arbeite als früher im Büro: Dort gibt so viel Ablenkung und in dem lauten Großraumbüro konnte ich mich auch nicht so gut konzentrieren.

Du lebst schon seit einigen Jahren in Neuseeland und hast vom Fachkräftemangel dort gesprochen. Wo informiert man sich am Besten wenn man gerne in Neuseeland leben und arbeiten möchte?

Ja, in Neuseeland werden in vielen Branchen dringend Fachkräfte gesucht. Vor allem im Bereich IT und im Handwerk. Allerdings ist es nicht so ganz einfach ein Arbeitsvisum zu bekommen.

Ganz unabhängig von meinem Job bei EROAD betreibe ich seit einigen Jahren den Auswandererblog Kiwifinch. Dort habe ich viele Informationen, Erfahrungsberichte und Interviews mit Neuseeland-Auswanderern zusammengetragen. Auf meinem Blog findet man eigentlich alles was man wissen muss, wenn man in Neuseeland leben und arbeiten möchte.

Vielen Dank für das Interview, Christine!

 

Über mich

Ich bin Teresa und ich helfe Unternehmen Home-Office und remote work erfolgreich einzuführen. In meinem Blog findest du Portraits von Unternehmen, die bereits erfolgreich remote arbeiten und ich teile meine Herangehensweise an Remote Work und Leadership. Viel Spass beim Lesen!

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