Ortsunabhängig arbeiten bei abiturma

abiturma ist ein bundesweit agierender Nachhilfeanbieter. Seit der Gründung im Jahr 2014 wird im Unternehmen ortsunabhängig gearbeitet. Geschäftsführer Aaron Kunert berichtet uns im GetRemote Interview, wie der Arbeitsalltag bei abiturma aussieht.

GetRemote Interview mit abiturma

In 2014 gründeten die drei Studienfreunde Aaron, David und Martin abiturma. Die Idee der drei Mathematiker: Mathe einfach und verständlich erklären – ohne Verwirrung und komplizierte Herangehensweisen. Das Konzept der dreien traf einen Nerv. Aus einer Pilot-Veranstaltung in München wurden regelmäßig abgehaltene Kurse an 72 Standorten. Und aus drei motivierten Mathematikern die testweise im Herbst 2014 einen Kurs hielten, wurde abiturma, ein bundesweit agierender Nachhilfeanbieter mit neun Mitarbeiter*innen in der Organisation, 300 Kursleiter*innen und jährlich über 10.000 zufriedenen Schüler*innen.

 

Steckbrief

  • Unternehmen: abiturma GbR
  • Mitarbeiteranzahl: 8
  • Modell: Full Remote
  • Interviewpartner: Aaron Kunert, Geschäftsführer

1. Wie genau sieht euer flexibles Arbeitsmodell aus?

Die Flexibilität unseres Arbeitsmodells setzt sich zusammen aus

    1. räumlicher Flexibilität: Wir organisieren uns rein online, daher kann jede*r Angestellte*r von dort arbeiten, wo es für sie*ihn am besten passt (zum Beispiel von zu Hause aus, im Ferienhaus, aus dem Ausland, während eines mehrtätigen Besuchs bei Verwandten). Einzige Voraussetzung ist eine funktionierende Internetverbindung
    2. zeitliche Flexibilität: Abgesehen von einem freiwilligen daily Meeting zur gleichen Uhrzeit haben wir keine völlig festen Arbeitszeiten. Manche bei uns starten recht früh, andere starten eher etwas später. Manche arbeiten sogar bisweilien biphasisch (früh morgens und nochmal abends)
    3. Flexibilität hinsichtlich des Stundenumfangs: Bei uns ist es unkompliziert, die prozentuale Anstellung zu verändern. Möchte ein*e Mitarbeiter*in mehr Freizeit oder mehr Zeit für Familie, so ist es nach Absprache möglich, die wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren. Fallen umgekehrt regelmäßig Überstunden an, ist es ebenfalls nach kurzer Absprache möglich, die Arbeitszeit wieder hochzusetzen.
    4. Gewisse Flexibilität hinsichtlich der Aufgaben: In Absprache mit den betroffenen Rollen, ist es möglich, neue Aufgaben zu übernehmen, Aufgaben die für die entsprechende Person nicht so gut geeignet sind, auf andere Rollen aufzuteilen oder deren Besetzung anderweitig zu lösen. Ebenso haben unsere Mitarbeiter*innen ein hohes Maß an Autonomie und können daher auch eigene Projekte einbringen und umsetzen.

 

2. Mit welchen Tools arbeitet ihr?

Für die Kommunikation verwenden wir Slack und GotoMeeting (teils gemeinsam mit Mural). Für das Projektmanagement benutzen wir Asana. Um interne Geschäftsprozesse dezentral zu steuern verwenden wir eine selbstprogrammierte Software, die exakt auf unser Unternehmensmodell abgestimmt ist und ständig weiterentwickelt wird.

 

3. Warum hast du dich dafür entschieden, mit deinem Team ortsunabhängig zu arbeiten?

Wir haben mit sehr wenig Eigenkapital gestartet, was die Anmietung von Büroräumen unattraktiv machte. Dazu kam, dass wir im Gründerteam alle an verschiedenen Orten gewohnt haben und keiner bereit war, in eine andere Stadt zu ziehen. So hat es sich dann ganz organisch entwickelt, dass wir von Anfang an ortsunabhängig gearbeitet haben. Als wir dann die ersten Mitarbeiter*innen eingestellt haben, haben wir mit diesen die ortsunabhängige Arbeitsweise fortgesetzt.

 

4. Arbeitet ihr (nur) ortsunabhängig oder auch zeitunabhängig?

Wir arbeiten relativ zeitunabhängig. Allerdings haben in jüngster Vergangenheit mehr Meetingtermine pro Woche eingeführt, die eine Kernarbeitszeit am Vormittag/Mittag nach sich ziehen. Diese Meetings sind meistens freiwillig, so dass die Kernarbeitszeit eher ein Richtwert als eine tägliche Verbindlichkeit ist. In der Vergangenheit waren die Arbeitszeiten teilweise auch völlig freigestellt. Damit haben wir jedoch nicht so gute Erfahrungen gemacht, da dann einige Teammitglieder völlig disjunkte Arbeitszeiten hatten und somit das Teamgefühl gelitten hat.

 

5. Worauf sollten Unternehmen besonders achten, die Home Office und remote work gerade neu etablieren?

Ich glaube, eine Transformation von ortsgebundener Arbeit zu ortsunabhängiger Arbeit funktioniert nicht von heute auf morgen und sicherlich nicht auch in jedem Aspekt reibungslos. Ich würde einen engen „Meta-Austausch“ mit dem Team empfehlen. Also immer wieder die Fragen an das Team stellen „Was funktioniert gut, was funktioniert nicht gut?“, „Womit fühlt ihr euch überfordert?“, „Was muss anders werden, damit Home Office funktionieren kann“.

 

6. Funktioniert erfolgreiches Führen auf räumliche Distanz anders als im Büro?

Ich muss zugeben, dass ich bisher kaum anders als über räumliche Distanz geführt habe. Bestimmt funktioniert Führen und Projektmanagement in einem gemeinsamen Büro etwas unmittelbarer, weil sich die Leute ja gegenseitig über die Schultern schauen können. Anderseits geht viel von der Agilität und Flexibilität kaputt, wenn das Team darauf angewiesen ist, dass seine Mitglieder*innen physisch anwesend sein müssen.

 

7. Mit welchem Vorurteil werden ortsunabhängige Teams oft konfrontiert und wie würdest du es entkräften?

Ich glaube ein gängiges Vorurteil ist, dass man die Kontrolle über eine*n Mitarbeiter*in verliert, wenn er nicht mehr unter physischer Beobachtung steht. Hier drückt sich meist die Angst des Arbeitgebers aus, von den Arbeitnehmer*innen hintergangen oder ausgenutzt zu werden, bzw. dass der*die Arbeitnehmer*in nicht das leistet, was vereinbart wurde.

In der Tat gehört natürlich ein hohes Vertrauen dem*der Mitarbeiter*in dazu – dieses muss im Vorfeld sichergestellt werden. Ich arbeite da immer mit der Prämisse, dass die meisten Menschen eine ganz hohe intrinsische Motivitation für ihren Job schon von Natur aus mitbringen und dass sie sich in einem hohen Maße einbringen, wenn man sie nur lässt und nicht mit Bürokratie (worunter ich in diesem Fall auch eine ggf. unnötige physische Anwesenheit zähle) ablenkt.

Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass dem Vertrauensvorschuss des Arbeitgebers, ortsunabhängig arbeiten zu können, mit besonderer Achtsamkeit seitens des*der Angestellten begegnet wird.

 

8. Drei gute Gründe, warum mehr Unternehmen ihr Team ortsunabhängig(er) aufstellen sollten?

  1. Der Pool möglicher Bewerber*innen auf ausgeschriebene Stellen wird beträchtlich größer.
  2. Es ist deutlich effizienter ortsunabhängig zu arbeiten, da jede*r Mitarbeite*r täglich eine signifikante Zeit, die aufgrund des Pendelns anfällt einspart. Dies führt sofort zu einer spürbaren Verbesserung der Work-Life-Balance.
  3. Das Unternehmen ist sofort flexibler aufgestellt: Man spart Büroräume. Die Anzahl der Angestellten hängt nicht davon ab, wie viel Arbeitsfläche dem Unternehmen zur Verfügung steht. Die Mitarbeiter*innen werden ein hohes Maß an Eigenverantwortung gelernt haben. Und schließlich wäre solch ein Unternehmen dann zumindest intern „pandemic-proof“.

 

9. Welchen Tipp hast Du für Leute mit dem Wunsch nach einer ortsunabhängigen Festanstellung?

Macht euren Wunsch deutlich und sucht stattdessen lieber ein bisschen länger, bevor ihr aufgebt oder doch umzieht. Die Arbeitgeber von heute bzw. spätestens von morgen müssen erfahren, dass wir uns im Hinblick auf die Arbeitsstruktur in einer großen Transformation befinden.

Über mich

Ich bin Teresa und ich helfe Unternehmen Home-Office und remote work erfolgreich einzuführen. In meinem Blog findest du Portraits von Unternehmen, die bereits erfolgreich remote arbeiten und ich teile meine Herangehensweise an Remote Work und Leadership. Viel Spass beim Lesen!

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