Die neuen Home-Office-Regelungen in Zeiten von Corona stellen für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Nicht wenige Führungskräfte werden sich die Frage stellen: Arbeiten meine Mitarbeiter überhaupt, wenn sie nicht im Büro sitzen? Diese Angst vor Kontrollverlust ist nachvollziehbar, jedoch unbegründet. Vielmehr verhält es sich gegenteilig: Einige arbeiten im Home Office mehr. Woran liegt das und was kann man dagegen tun?
Fehlende Routinen führen zu mehr Arbeitszeit
Fallen tägliche Routinen weg, so kann das schnell dazu führen, dass wir anders und auch mehr arbeiten. Das klingt zunächst paradox – eigentlich müssten wir Zeit sparen, immerhin fallen zeitraubende Dinge wie beispielsweise die Fahrt zur Arbeit weg.
Grund dafür ist nicht zuletzt die Vermischung von beruflichem und privatem Leben. Noch kurz vor dem Frühstück oder abends nach Feierabend schnell die Mails checken? Derlei Verhaltensweisen können sich nach und nach einschleichen, was in Summe zu mehr Arbeitsstunden führt. Wer sich im Home Office keine klaren Grenzen setzt, zieht seinen Arbeitstag bisweilen in die Länge.
Die aktuelle Situation trägt dazu ebenfalls bei: Da Treffen mit Freunden weniger häufig stattfinden oder gänzlich ausfallen, wird das durch soziale Isolation geschaffene Loch mit Arbeit gefüllt.
Struktur und Kommunikation – die Lösung gegen Kontrollverlust
Zudem kann es vorkommen, dass manche Chefinnen und Chefs ihre Mitarbeiter im Home Office mit Argusaugen beobachten – die eingangs erwähnte Angst vor Kontrollverlust lässt grüßen. Fairerweise muss betont werden, dass dies nicht auf alle Führungskräfte zutrifft. Ich wurde schon mehrfach gefragt, wie man verhindern kann, dass Angestellte im Home Office zu viel arbeiten und dadurch ausbrennen. Derzeit sehe ich in vielen Firmen einen Meeting- und E-Mail-Overload; dadurch bleibt Mitarbeitern weniger Zeit für die eigentliche Arbeit.
In beiden Fällen lautet die Lösung: Struktur und Kommunikation. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern müssen Führungskräfte Home-Office-Leitlinien erstellen. Außerdem helfen feste Gesprächstermine, auf dem Laufenden zu bleiben und ein Gefühl dafür zu bekommen, ob Mitarbeiter noch Kapazitäten haben oder schon auf bestem Wege sind, sich zu überarbeiten.
Ich rate Vorgesetzten und Verantwortlichen, ihren Angestellten klar zu vermitteln: Ein pünktlicher Feierabend ist gewünscht! Auf meinem Blog findest du weitere Tipps zum erfolgreichen Führen aus dem Home Office.
Lerne, Nein zu sagen
Damit das mit dem Feierabend klappt, müssen wir uns selbst natürlich auch daran halten. Sich gut zu organisieren und die Arbeitszeit bei flexibler Auslegung stets im Blick zu behalten, bildet die Basis für effektives, aber nicht Kräfte zehrendes Home Office. Dazu gehört auch, Nein zu sagen – sowohl zu Kolleginnen und Kollegen als auch zu Vorgesetzten. Nur so kann Überarbeitung vorgebeugt werden.
Das ist natürlich nicht immer leicht, es braucht durchaus Übung, Nein zu sagen. Was dabei hilft: Lege die Vorstellung ab, schwach zu wirken, wenn du nicht jede Aufgabe übernimmst. Sieh darin vielmehr die aktive Mitgestaltung einer neuen Form der Zusammenarbeit. Gemeinsam mit dem „Nein“ solltest du mögliche Alternativen vorschlagen, sodass für alle ein annehmbarer Kompromiss gefunden wird.
Nachsicht ist derzeit so wichtig wie nie
Aus dem Home Office zu arbeiten wird umso schwieriger, wenn nebenbei Kinder oder Angehörige betreut werden müssen. Während manche mit Einsamkeit zu kämpfen haben, sind Eltern, insbesondere Alleinerziehende, mit der Doppelbelastung überfordert. Andere wiederum sorgen sich um ältere Angehörige, die ohne Besuch im Pflegeheim ausharren müssen.
Die Corona-Pandemie ist eine bisher ungekannte Ausnahmesituation, die eine schnelle Anpassung erfordert – und das ohne erprobte Strategien. Dies führt zu psychischem Stress und mangelnder Konzentration beim Arbeiten. Deshalb müssen wir besonders viel Verständnis für Kolleginnen und Kollegen, aber auch die Chefin oder den Chef aufbringen, denn jeder hat auf die eine oder andere Art mit der Situation zu kämpfen.
Tipps gegen überlange Arbeitstage
Mit ein paar wenigen Tricks kannst du dafür sorgen, dass Überstunden nicht zur Gewohnheit werden. Dazu gehören:
- ein fester Arbeitsplatz: Schaffe in deinen vier Wänden einen Ort, an dem nur gearbeitet wird.
- eine Wochentagsroutine: Aus dem Bett rollen, Kaffee kochen und zurück unter der Decke E-Mails bearbeiten? Dabei kommt niemand richtig in Schwung. Ich empfehle stattdessen eine Morgen- und Abendroutine, zum Beispiel einen kleinen Spaziergang als Ersatz für den Weg zur bzw. von der Arbeit. So wird eine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben gezogen.
- eine feste Arbeits- und Erreichbarkeitszeit: Kommuniziere mit deinen Teammitgliedern, von wann bis wann du arbeitest und erreichbar bist. Das hilft ihnen ebenso wie dir. Es ist nicht sinnvoll, so lange zu arbeiten, bis man fertig ist, denn es kommen immer neue Aufgaben nach. Erreichst du dein Tagesziel nicht, solltest du an deinem eigenen Zeitmanagement arbeiten, anstatt die Arbeitszeit in die Länge zu ziehen.
Feierabend bleibt Feierabend – auch im Home Office
So banal es klingen mag: Um nicht übermäßig viel im Home Office zu arbeiten, muss man wie im Büro Feierabend machen. Anstelle des Anziehens der Jacke und dem Weg nach Hause kann man sich einen eigenes Ritual ausdenken, um den Arbeitstag zu beschließen: der Wechsel von Jeans zu Joggingshose, ein Feierabenddrink, Sport, Kochen – hier gibt es keine Regeln. Hauptsache, dein Geist schaltet vom Arbeits- in den Freizeitmodus. So bleiben Geist und Körper in Zeiten von Corona fit.