Ortsunabhängig arbeiten bei TIPPGEBER

Christoph Hübner, Geschäftsführer beim spezialisierten Versicherungsvermittler TIPPGEBER stellt im GetRemote Interview die ortunabhängige Arbeitskultur in seinem Unternehmen vor und erklärt wie genau das Arbeitsmodell aussieht.

TIPPGEBER arbeitet in einer Full Remote Struktur, wodurch die Mitarbeiter komplett ortsunabhänig sind.

Experten für Kinderkrankenversicherungen – das klingt erst einmal etwas komisch, denn Kinder sind ja in der Regel über die Familienversicherung beitragsfrei versichert. Doch das trifft nur zu, wenn beide Eltern in Deutschland gesetzlich versichert sind.

 

In allen anderen Fällen wird das schon gern mal etwas komplexer und es ergibt eine Menge Sinn, sich mit den Spezialisten der TIPPGEBER UG in Verbindung zu setzen. Diese Firma mit offiziellem Sitz in Leverkusen ist ein spezialisierter Versicherungsvermittler und macht seit Jahren nichts anderes mehr als Kinderkrankenversicherungen.

Weil man als gefragter Experte aber ohnehin überregional arbeitet und die Beratung mit den Eltern ausschließlich am Telefon, per E-Mail und im Livechat auf der Website stattfindet, kann man das Geschäft ganz einfach von überall aus machen. Die beiden Geschäftsführer arbeiten schon lange ortsunabhängig und inzwischen gibt es auch Festangestellte, die bei freier Zeiteinteilung von überall aus Eltern zum richtigen PKV-Kindertarif verhelfen.

Darüber habe ich mit Christoph Huebner gesprochen, einem der beiden Geschäftsführer, der mir die Fragen aus der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, seinem momentanen Aufenthaltsort, beantwortet hat.

Steckbrief

  • Unternehmen: TIPPGEBER 
  • Mitarbeiterzahl: 4
  • Modell: full remote als virtuelles Team
  • Interviewpartner: Christoph Hübner, Geschäftsführer

1. Christoph, wie genau sieht euer flexibles Arbeitsmodell aus?

Als uns die Anfragen junger und werdender Eltern über den Kopf gewachsen sind, haben wir ganz gezielt nach „Digitalnomaden für Kinderkrankenversicherungen“ gesucht. Markus, mein Mitgeschäftsführer, und ich arbeiten sowieso schon lange lieber außerhalb des Büros als innerhalb. An unserem Firmensitz in Leverkusen habe ich noch nie mehr als ein paar Tage alle paar Wochen verbracht. Und Papier gibt es bei uns seit Jahren nicht mehr.

Das waren die idealen Voraussetzungen, das auch mit unseren neuen Angestellten so weiter zu führen. Eine Festanstellung haben wir vor allem deswegen bevorzugt, weil es in unserem erlaubnispflichtigen Gewerbe der Versicherungsvermittlung allein schon aus regulatorischen Gründen kaum anders möglich ist. Wer am Beratungsprozess teilhat, muss entweder selbst ins Vermittlerregister eingetragen sein oder eben für eine Firma festangestellt arbeiten, die das ist.

Aber das ist auch schon das einzige, bei dem wir uns in die Ketten traditioneller Arbeitsverhältnisse legen lassen. Die Zusammenarbeit mit unserem Team basiert komplett auf Vertrauen. Wir erfassen die tatsächliche Arbeitszeit als Grundlage der Vergütung. Aber wann die stattfindet, beeinflussen wir nicht. Zu Beginn hatten wir angedacht, wenigstens für jeweils die folgenden Tage abzustimmen, wer eher vormittags oder nachmittags da ist. Wir haben es aber erst einmal ohne diese Absprachen versucht und sind jetzt nach einem halben Jahr immer noch sehr zufrieden mit dieser Arbeitszeitanarchie.

Wir garantieren unseren Kunden keine telefonische Erreichbarkeit. Wenn jemand die Büronummer anruft, dann klingelt es bei uns allen Vieren gleichzeitig auf dem Mobiltelefon. Entweder es geht einer ran. Oder jemand ruft kurzfristig zurück. Dafür kommt es aber oft genug vor, dass wir Kunden damit begeistern, dass am Freitag Abend um 23 Uhr oder am Sonntag Vormittag im Livechat auf unserer Website eine qualifiziert Beratung stattfindet.

2. Mit welchen Tools arbeitet ihr?

Das Herzstück unserer Prozesse ist Pipedrive (unser Usecase in deren Blog). Die telefonische Erreichbarkeit für unser meistens über Europa und manchmal auch darüber hinaus verteiltes Team organisieren wir mit SipGate Team. Die Zeiterfassung regeln wir mit Toggl. Für den Livechat auf der Website verwenden wir LiveZilla. Und die Kommunikation untereinander erfolgt überwiegend über Slack. Und für die digitalen Workflows, die vom Lead-Eingang bis zur Antragsbearbeitung fast alles automatisieren, verwenden wir einen bunten Blumenstrauß an Tools, die über Zapier orchestriert werden.

3. Warum hat du dich dafür entschieden, mit deinem Team ortsunabhängig zu arbeiten?

Ich selbst bin schon lange digitaler Nomade und inzwischen auch aus Deutschland abgemeldet, ohne eigene Wohnung und nur mit einem Koffer in der Weltgeschichte unterwegs. Markus hat da zwar noch etwas mehr Ortsbezug, aber jetzt wo seine Tochter aus dem Haus ist, ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis er seine Ankerkette einholt.

Wir haben uns die Firma so gebaut, dass sie zu diesem Lifestyle passt. Und da war zumindest für uns beide klar, dass das auch so bleibt, wenn wir wachsen. Tatsächlich war es dann gar nicht so einfach, gute Fachkräfte in unserer Branche zu finden, die darauf auch Bock haben. Zuerst hatten wir vor Augen, dass dieser Job vielleicht ideal sein müsste für Studenten, die bereits eine Ausbildung als Versicherungskauffrau oder -kaufmann abgeschlossen haben und nun einen Studentenjob suchen, der mit ihnen ins Auslandssemester geht. Hier war der Rücklauf aber zu unserer Überraschung überhaupt  nicht vorhanden. Scheinbar wollen Studierende in Deutschland doch lieber erst einmal in „geordneten Verhältnissen“ Berufserfahrung sammeln, als sich gleich in so ein ortsunabhängiges Abenteuer zu stürzen.

Tatsächlich bringen die beiden Mitarbeiter, die wir dann eingestellt haben, im Bezug auf ihren Lebenslauf und ihre Erfahrung eigentlich viel mehr mit, als wir bei unserer Stellenausschreibung erwartet hatten. Beide haben bereits viel Zeit im Ausland verbracht, abgeschlossene akademische Ausbildungen, jeweils ein Kind und eine Menge Lebenserfahrung und Menschenkenntnis. Markus und ich sind jeden Tag aufs Neue stolz auf unser motiviertes kleines Team. Wir freuen uns immer wieder über unsere Mitarbeiter, die sich trotz individueller Bonifikationen für Vertriebserfolge gegenseitig helfen und unglaublich engagiert am Unternehmenserfolg mitarbeiten.

4. Arbeitet ihr (nur) ortsunabhängig oder auch zeitunabhängig?

Wir haben unsere Mitarbeiter mit topmoderner, erstklassiger Hard- und Software ausgestattet – Business-Laptops mit Touchscreen und Stift, mit dem man Anträge am Bildschirm gegenzeichnen kann. Und wir haben sie intensiv eingearbeitet. Alles andere ist den beiden jetzt überlassen. Der eine wohnt mit seinem dreijährigen Sohn (meistens) in der Nähe von München, die andere mit Ehemann und fünfjähriger Tochter bei Lissabon in Portugal. Außer, dass wir uns viermal im Jahr auf den Babymessen in den großen Städten Deutschlands treffen, machen wir hinsichtlich Arbeitszeit und -ort keinerlei Vorgaben.

Wir haben eine durchschnittlich erwartete wöchentliche Arbeitszeit vereinbart. Und jeder bekommt seine eigenen Leads. Bei denen gibt es meistens Fristen, innerhalb derer das Kind im Bezug auf seine Krankenversicherung in trockenen Tüchern sein muss. Das im Auge zu behalten, ist aber Aufgabe jedes einzelnen. Und das funktioniert bis jetzt hervorragend. Wir vertrauen unseren Mitarbeitern sehr und sind damit bisher noch nicht einmal im Ansatz enttäuscht worden.

5. Welche Startschwierigkeiten hattest du mit der Einführung des flexiblen Arbeitsmodells? Was ist dein größtes Learning aus der Umstellungsphase?

Wir machen das ja schon von Anfang an so. Aber mit einer deutschen gesetzlichen Krankenkasse einig zu werden, wie im Falle einer sozialversicherungspflichtig Angestellten zu verfahren ist, deren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland ist, sich im Ausland privat versichert hat und auch kaum nach Deutschland kommt, ist tatsächlich ein Projekt, das jetzt schon ein halbes Jahr andauert. Ohne abschließendes Ergebnis.

Wir bleiben aber dran, weil wir hier – nicht nur für uns – einen Präzedenzfall schaffen wollen. Die (Zwischen-) Ergebnisse teilen wir mit der Community der Digitalnomaden, damit auch andere davon profitieren können. Auf diesem Weg haben wir beide uns ja auch gefunden.

6. Mit welchem Vorurteil werden ortsunabhängige Teams oft konfrontiert und wie würdest du es entkräften?

Wenn ich im Freundeskreis mit Festangestellten darüber rede, deren Arbeit eigentlich auch ortsunabhängig erledigt werden könnte, höre ich oft Dinge wie: „Das würde mein Chef nie erlauben. Der muss immer die Kontrolle darüber haben, dass ich auch wirklich von 9 bis 18 Uhr am Schreibtisch bin.“ Das ist offenbar weit verbreitete traurige Realität in Deutschland. Man muss da als Arbeitgeber seinen Leuten einfach vertrauen können. Und das kann man, wenn man sie für die Unternehmensziele begeistert und motiviert, hier gemeinsam etwas aufzubauen und voran zu bringen.

Ich habe zuvor mit meinem 15 Jahre älteren Mitgeschäftsführer auch über viele Punkte ausführlich diskutiert. Er war da manchen Stellen sehr skeptisch, weil er in der Vergangenheit auch wohl nur Angestellte hatte, die für diese Form der „unorganisierten“ Arbeit nicht geeignet gewesen wären und tägliche Führung brauchten. Am Ende hat er sich auf das Experiment eingelassen und ist – soweit ich das beurteilen kann – auch sehr begeistert davon, dass es auch so funktioniert.

Man braucht eben Persönlichkeiten als Mitarbeiter, die einen hohen Grad an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung mitbringeEin Vorurteil gegenüber vollständig ortsunabhängigen Teams ist sicher oft die fehlende Organisation und Disziplin. Aber wenn uns unsere – für die sprichwörtliche deutsche Effizienz international bekannten – deutschen Kunden inzwischen regelmäßig ausdrücklich für unsere außergewöhnliche Effizienz loben, dann haben wir wohl ein Effizienzlevel erreicht, das auf internationalem Maßstab nicht mehr messbar ist.

7. Drei gute Gründe, warum mehr Unternehmen ihr Team ortsunabhängig(er) aufstellen sollten?

  • Zufriedenere Mitarbeiter sorgen für
  • zufriedenere Kunden sorgen für
  • zufriedenere Chefs.

8. Welchen Tip hast Du für Leute mit dem Wunsch nach einer ortsunabhängigen Festanstellung?

Bewirb Dich doch bei uns! 😉

Wenn Du einen Berufsabschluss in der Versicherungsbranche hast, könnte es Dir gefallen, in der einzigen Versicherungsart zu arbeiten, die beim Verkauf nicht mit der Angst der Menschen arbeitet. Kinder brauchen eine Krankenversicherung; das weiß jeder. Wir reden mit unseren Kunden nur darüber, was für die eigenen Absicherungsbedürfnisse der passendste Tarif ist. Und wie eine Lösung aussehen kann, wenn die Ausgangsvoraussetzungen nicht so ideal sind.

Und falls Du zum Beispiel Experte für Affiliate Marketing bist und mit einem kleinen, regelmäßigen Job anfangen willst: Auch da brauchen wir gerade Unterstützung. Mehr dazu findest du in der GetRemote Stellenanzeige.

Vielen Dank für das Interview, Christoph!

Bald folgt auch noch das Mitarbeiter-Interview mit Anne-Katrin von TIPPGEBER. Sobald es live ist, findest du den Link hier.

Über mich

Ich bin Teresa und ich helfe Unternehmen Home-Office und remote work erfolgreich einzuführen. In meinem Blog findest du Portraits von Unternehmen, die bereits erfolgreich remote arbeiten und ich teile meine Herangehensweise an Remote Work und Leadership. Viel Spass beim Lesen!

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